Dienstag, 25. Januar 2011

Sonntag 30. Mai 2010: Baku, Samaxi (152 km)


Es kann losgehen! Frühmorgendlicher Abschied von Baku, vorbei an den schönen orientalischen Bädern mit den typischen Kuppeln und den ersten Ölboom-Palästen von Nobels und Rothschilds, die natürlich als Erste auf der Matte standen, als sie das Öl am anderen Ende der Welt gerochen haben.
Friedhof in Baku: Ewig darf er seine Leyla ansehen
Ex-Sowietarchitektur
Es ist Sonntagmorgen, der Verkehr ist ruhig, die Straßen sind breit. Ich kurve durch einen riesengroßen Friedhof mit sehr lebendingen Porträts der Verstorbenen. Am Stadtrand stehen dann riesige Rohbau-Friedhöfe, das wird wohl auch nie fertiggebaut. In vielen Vorgärten stehen kleine Ölpumpen, so wie bei uns im Garten etwa ein Pump-Brunnen stehen würde. Ab und zu kommt man an kleinen Schafherden vorbei oder Kühen, die im Müll herumwühlen. So schnell ist die Öl-Glitzerwelt vorbei, der Ölboom scheint es nicht über die Villen der Ölbarone hinaus geschafft zu haben. Heute werden pro Tag durch die weltweit längste, 2005 in Betrieb genommene, Ölpipeline von Baku über das georgische Tiflis zum türkischen Schwarzmeerhafen Ceyhan über eine Million Barrel Öl auf den Weltmarkt gepumpt. Und hier am Stadtrand haben die Kioske kein fließendes Wasser, es muss in Kanistern gebracht werden. Die Landschaft ist grasig, karg und sanft gewellt, Bäume gibt es keine. Zum Glück ist der konstante Gegenwind Richtung Meer nicht stärker.
Armes Schaf (ganz rechts)
Am Stadtrand der Ölboom-Stadt Baku
Ich komme an unzähligen Samowar-Stationen vorbei, immer winkt man mir und lädt mich zum Teetrinken ein. Nur etwa jede zehnte Einladung nehme ich an, sonst würde ich nicht vom Fleck kommen. Die Leute sind unglaublich freundlich. Gegen 18 h, nach etwa 100 km, zwingt mich ein Auto zum Anhalten, Fototermin, s.u. An einem Kiosk wird mir eine Flasche Mineralwasser geschenkt, im Garten nebenan werde ich zum (wie immer kostenlosen) mitessen eingeladen. Die zuvor kargen, sandigen Hügel werden irgendwann abrupt grün und satt. Es sind einfach wunderbare, friedliche Fahrbedingungen. Es geht durch Samaxi, einen ehemals wichtigen Stützpunkt auf der Seidenstraße, der schon im 1. JH vom ägyptischen Geografen Ptolemäus erwähnt wurde. Leider ist von der ehemaligen Pracht nichts mehr zu sehen, im Gegenteil. Ein monströses "Tualet" (WC) Schild hängt an einem Haus bei einem kleinen Fluss. Die Hauptattraktion ist für mich eine große Anlage mit Wasserhähnen an einem Parkplatz - für die Abendwäsche. Nebenan, in einer Laube, wird sehr stilvoll gerade für ein paar junge Männer das Essen aufgetragen: frischer Salat, Tomaten, Gurken, Brot, Schaschlik, dazu ein großes kaltes Bier für Jeden. Ich werde wieder herzlich eingeladen, mitzutafeln. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich hungriger angekommen. Hm, zumindest heute möchte ich die 150 km pro Tag schaffen, also fahre ich weiter.
Extrem groß sind die Aseris nicht
Eine der vielen Essenseinladungen
Einige Kilometer hinter Samaxi nehme ich auf etwa 960 HM die nördliche Abzweigung Richtung Ismaylli und Säki, fahre also nicht auf der Hauptstraße nach Agsu im Süden. Es geht einen langen Pass hinunter, über den Fluss Agsu, und dann wieder mindestens so lange bergauf. Es kommt in der nun schon völligen Dunkelheit kaum ein Auto, die Stille in dieser friedlichen, sanften Hügellandschaft ist faszinierend. Einmal werde ich von einem Transporter überholt, er hält an, eine Handvoll Männer kommt auf mich zu. Sie bieten mir an, mich samt Rad mitzunehmen. Als ich freundlich abwinke und mich bedanke, lassen sie mich auch gleich wieder in Ruhe. Ich bin mir völlig sicher, dass ich mich hier völlig sicher fühlen kann, auch nachts. Die Leute sind einfach nur freundlich, hilfsbereit und unaufdringlich. Kurz nach 23 h breite ich etwas neben der Straße in einem Kornfeld meine Plastikplane aus, Isomatte und Schlafsack drauf und wenige Minuten später bin ich schon weg.